Mit diesem alten Beduinengruß und ein paar Impressionen aus der Wüste endet meine kleine Reihe aus Jordanien.
Als „eine Prozessionsstraße mit riesigen Felsbauwerken zu beiden Seiten“ beschrieb der Engländer T.E. Lawrence in seinem Buch „Die Sieben Säulen der Weisheit“ die grandiose Landschaft des Wadi Rum im Süden des Königreichs. Entstanden ist sie vor 30 Millionen Jahren, als sich der ostafrikanische Graben hob und auseinander brach. Übrig blieben hohe Sandsteinfelsen auf Granitsockeln.
Durch Erosion wurde der Sandstein zu den jetzt sichtbaren bizarren Formen geschliffen, die dem Wadi Rum auch den Namen „Tal des Mondes“ eintrugen. Hier schlugen Prinz Faisal, der damalige Emir von Mekka, und T.E. Lawrence, besser bekannt als Lawrence von Arabien, im Ersten Weltkrieg während des von den Briten forcierten Araberaufstands gegen das Osmanische Reich ihr Quartier auf.
Die einzigen Bewohner des Wadi Rum sind bis heute Beduinen, aus Jordanien und aus anderen Ländern. Sie sind es auch, die uns Touristen zu Fuß, auf dem Kamel, das eigentlich ein Dromedar ist, oder mit dem Jeep durch das heutige Naturreservat begleiten.
Und sie bieten uns Schlafmöglichkeiten im typischen Stil der Wüstenbewohner: in Zelten aus schwarzem Ziegenhaar.
Wer will, kann sich nach dem Essen und Geschichtenerzählen auch auf Matten und Teppichen neben dem Lagerfeuer in dicke Decken rollen und direkt unter einem Meer aus Sternen träumen.
Wir haben Glück: Unser Camp ist eines der kleineren. Im Halbrund schmiegt es sich an den Fels.
Reifenspuren und Fußabdrücke lassen auf dem zweistündigen Fußmarsch vom Visitor Center dorthin zwar keinen Zweifel daran, dass wir nicht die Ersten sind, die seit dem letzten Sandsturm hier entlang gekommen sind. Gelegenheit, der Stille der Wüste zu lauschen, besteht später dennoch zur Genüge.
Auf einem Spaziergang im weicher werdenden Licht des Spätnachmittags zum Beispiel, während sich die Sonne Stück für Stück hinter die Felsen zurückzieht. Die Formen des Gesteins erleichtern zum Glück die Orientierung. Nachts im Licht des fast vollen Mondes. Oder beim Brennholzsammeln für den Morgentee. Der junge Tag klettert unterdessen über die hohen Felsen und füllt die gerade noch schattige Schlucht mit neuem Gleißen.
Man ist dann vielleicht allein, aber es ist auch alles eins. Die Weite, die totale Abwesenheit von Geräuschen berührt mich, wie es sonst keine Landschaft vermag. Ich liebe sie alle: das Meer, die Berge, die Wälder… Aber die Wüste geht irgendwie noch tiefer.
Dieses Gefühl habe ich nie schöner beschrieben gefunden als in einem Aphorismus des libyschen Schriftstellers Ibrahim al-Koni, selbst ein Tuareg: „Wer die Wüste liebt, ist Gefangener der Freiheit.“ Die Kunst, in acht Worten so viel Wesentliches sowohl über die Wüste als auch über die Freiheit zu sagen, bewundere ich sehr.
Ein paar Zeilen aus einem Brief Rainer Maria Rilkes vom Anfang des vorigen Jahrhunderts kommen mir in den Sinn: „Das Bewusstsein vorausgesetzt, dass auch zwischen den nächsten Menschen unendliche Fernen bestehen bleiben, kann ihnen ein wundervolles Nebeneinanderwohnen erwachsen, wenn es ihnen gelingt, die Weite zwischen sich zu lieben, die ihnen die Möglichkeit gibt, einander immer in ganzer Gestalt und vor einem großen Himmel zu sehen.“ In der Wüste klingt das ganz selbstverständlich.
…einmal so schreiben können! (…ganz zu schweigen vom fotografieren und poesieren) hoffentlich fährst du bald wieder irgendwo hin und kannst berichten. liebe grüsse aus der ferne anja
Uih, liebste Anja, du machst mich ganz verlegen. Vielen herzlichen Dank für das schönste Wort zum Sonntag von allen! 🙂 Wenn ich daran denke, dass du jetzt auch in der Region unterwegs bist… Pass gut auf dich auf, hörst du!
Pingback: Sonntagsleserin KW #10 – 2014 | buchpost
Danke für deinen schönen Reisebericht mit den wundervollen Gedanken und Bildern!
Ich danke dir! Es ist ein Vergnügen zu erzählen, wenn man auf so viel Interesse stößt. Liebe Grüße!
Titel und Fotos sowie Text harmonieren hier ganz besonders und bilden eine Besonderheit.
Trotzdem fallen mir dann so Banalitäten ein, wie: Und wie putzt man sich dort die Zähne, wenn man am Feuer schläft? 😉
Liebe Marion, zum Zähneputzen reicht es immer, auch mitten in der Wildnis. Da zweigt man einfach ein bisschen was vom Trinkwasser ab. Unser Camp verfügte, da in Wüsten-Randlage, aber sogar über einfache Sanitäranlagen. Luxus pur!
Liebe Maren, danke dir für den Einblick. Jetzt kann ich mir das besser vorstellen 🙂
Liebe Grüße, Marion
Wunder-, wunderschön. Und: „Wer die Wüste liebt, ist Gefangener der Freiheit“. Solche Sätze können einen umhauen. Danke Dir für diesen tollen Beitrag, der schon vom ersten Moment an auch das Herz weitet.
Herzlichen Dank, liebe Birgit! Wie schön, dass dich der al-Koni auch so erreicht hat!
„… einem Meer aus Sternen…“ Das ist am besten Ausdruck, den ich gelesen habe.
Schöne Bilder auch 🙂
Gute Reise nach Deutschland.
Dankeschön! 🙂 Ja, in dem Meer kann man glatt ertrinken – und das mitten in der Wüste…
In die Ferne eingetaucht… Sehr schön geschrieben, und die Bilder – ein Traum! Alles Liebe!
Marija
1000 Dank und einen lieben Gruß zurück, Marija!
Du schreibest umwerfend gut und die Bilder wecken erneut meine Reisesehnsucht.
Well done, Maren!
Ganz liebe Grüße, Dina
So tolle Komplimente, liebe Dina! Da werde ich ganz rot, ein bisschen vor Verlegenheit und ganz doll vor Freude. 🙂 Ja, lass die Reisesehnsucht nur ordentlich wachsen! Jordanien kann ich wirklich sehr empfehlen, wenn es euch mal nicht in den Norden ziehen sollte. Herzliche Grüße!
Sehr schöne Bilder (die mich an meine Israelreise erinnern!) und genauso schöne Texte!
Schöne Grüße von Mirirallalla
Dankeschön, liebe Mirirallalla, das freut mich sehr!
Auch von mir noch einmal vielen Dank für die schönen Bilder und die klugen Texte dazu 🙂
Ich danke dir. Freut mich sehr, dass dir die Texte und Bilder gefallen, Mick. 🙂
Wunderbare Aufnahmen und dass der sehr geschätzte Mr. Lawrence zu Wort kommt, gefällt mir auch. Es gibt wenig, das mich motivieren könnte, eine Wüste zu bereisen. Wenn, dann wäre es dieser Reisebericht nebst Fotos 🙂
Na, wenn das kein tolles Kompliment ist! 🙂 Herzlichen Dank, liebe Heike!
Tolle Eindrücke! ist das nicht ein herrliches Land? Ich durfte es auch schon mal besuchen und erinnere mich gern daran zurück…
LG Anna-Lena
Bei dir bin ich, wie es aussieht, offene Türen eingelaufen, Anna-Lena. 🙂 Ja, ein sehr beeindruckendes Land! Danke für deinen Besuch und einen herzlichen Gruß!
Jetzt bin ich neugierig bei dir vorbeigekommen… Ach ja, die Wüste hat einen eigenen Zauber… Und sie sieht völlig unverändert aus, die Ewigjunge
Das hast du schön gesagt, Ilona: die Ewigjunge.
Ach ja, Dromedare SIND übrigens Kamele… Weiß nicht, ob du meinen Kamel-Artikel gelesen hast?
Das ist mir schon klar, Ilona. Ich würde mich, ähnlich wie du, als sehr Kamel-affin bezeichnen: https://orteundmenschen.wordpress.com/2017/01/21/hommage-an-das-kamel/
Die Gegenüberstellung Dromedar – Kamel hatte ich der Einfachheit halber zum Höckerzählen verwendet. Von Trampeltieren spricht hier ja kaum einer… 😉
Genau deswegen werde ich nicht müde, die Botschaft zu verkünden 😁 die armen Trampeltiere!!