An die Wolken

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Und immer wieder,
wenn ich mich müde gesehn
an der Menschen Gesichtern,
so vielen Spiegeln
unsäglicher Torheit,
hob ich das Aug
über die Häuser und Bäume
empor zu euch,
ihr ewigen Gedanken des Himmels.
Und eure Größe und Freiheit
erlöste mich immer wieder,
und ich dachte mit euch
über Länder und Meere hinweg
und hing mit euch
überm Abgrund Unendlichkeit
und zerging zuletzt
wie Dunst,
wenn ich ohn‘ Maßen
den Samen der Sterne
fliegen sah
über die Äcker
der unergründlichen Tiefen.

Christian Morgenstern: An die Wolken

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23 Kommentare zu “An die Wolken

    • Überaus traurig? Ja, vielleicht auch das, liebe Anja. Ich hatte vor allem Überdruss und große Müdigkeit wahrgenommen. Wie auch immer: Der Blick in einen weiten Himmel entfaltet sicher seine gute Wirkung. Herzliche Grüße schick ich auf die Reise zu dir!

  1. Es ist immer wieder faszinierend, wie stark das Fehlen von Farbe wirkt, die Reduktion auf die Kontraste … Mag auch den Morgenstern, danke!
    Liebe Grüße
    Christiane

  2. Den Blick weg von den Menschen, den Spiegeln hinein in den Himmel, das ist ein sehr schöner Gedanke!
    Deine Bilder sprechen für sich…
    ich grüsse dich sehr herzlich, liebe Maren
    Ulli

    • In Zeiten, in denen so viele (vermeintliche) Gewissheiten bröckeln und mancher Blick in den Spiegel ungeahnte Abgründe enthüllt, braucht es mehr denn je Quellen, um Kraft und Hoffnung zu tanken. Die Natur ist für mich schon seit langem so eine Quelle. Aber wem sage ich das? Einen herzlichen Gruß zu dir auf den Berg!

  3. das sind Bilder und Gedicht, wie ich sie jetzt gerade brauchte, „müde gesehen an der Menschen Gesichter“. Hier ist es der schöne Sichelmond mit der Venus hinter dem gekrümmten Rücken, beides im Meer gespiegelt – was mir Friede gab und deiner Fotokunst harrt.

    • Wie schön, dass Bilder und Gedicht genau im richtigen Moment bei dir angekommen sind, Gerda! Sie passen tatsächlich gut zu deinem spiegelnden Sichelmond. Möge dir das abendfriedliche Meer immer wieder Kraft schenken!

    • „Der Nachtwindhund weint wie ein Kind,
      dieweil sein Fell von Regen rinnt.
      Jetzt jagt er wild das Neumondweib,
      das hinflieht mit gebognem Leib.
      Tief unten geht, ein dunkler Punkt,
      querüberfeld ein Forstadjunkt.“

      Morgenstern: Himmel und Erde. Oder: was eine App einfach nicht bieten kann.

      P.S. Dass ausgerechnet du den Blick nicht vom Smartphone hochkriegst, nee, das glaub ich nicht, Michael. 😉

    • Das hast du gut erkannt, Carina. Ja, es ist die Außenalster, ganz klein im Hintergrund der Fernsehturm. Die Stadt überlegt gerade, ihn wieder zu eröffnen. Herzliche Grüße nach Indien!

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